2. Etappe: Berhaus Oberaar – Grimentz

Morgens 6:45 in der Schweiz: Aufstieg zur Trübtenseelücke

Morgens 6:45 in der Schweiz: Aufstieg zur Trübtenseelücke

Nach einem, für schweizer Verhältnisse, mikrigen Frühstück brechen wir um 6:45 auf – es wartet die längste Etappe der Transalp. Der Regen in der Nacht hat die Bergluft noch klarer aber auch gefühlt kälter werden lassen. Während des Aufstiegs zur Trübtenseelücke schweifen unsere Blicke hinauf zu den Spitzen der Berner Alpen und hinab zu den Gletschern und den zugehörigen Speicherseen – so viel hochalpine Schönheit macht uns schwindlig, das sieht man mit dem Bike doch recht selten. Der Ausblick auf die Abfahrt holt uns aber schnell auf den Boden zurück: Verblockter, zeitraubender Kuhtrampelpfad. Wir geben unser Bestes, doch unten angekommen sind wir eine Stunde hinter dem knackigen Zeitplan dieser Königsetappe. Als wir endlich Asphalt unter den Stollen haben werden wir ein weiteres Mal zurückgeworfen: Stefans Hinterreifen verliert Luft. Da wir tubeless fahren, wollen wir etwas Milch nachfüllen und hoffen dadurch das Problem zu beheben. Dank nicht aufschraubbarer Ventile müssen wir den Reifen auf einer Seite etwas von der Felge heben. Jetzt haben wir zwar die Milch drinnen, aber keine Chance mit der niedlichen Handpumpe das System wieder aufzupumpen. Kurzum: Wir finden nach wenigen 100 Metern einen freundlichen Schweizer mit Kompressor und somit findet dieses Drama doch noch ein gutes Ende – echtes Glück.

Mit solchen "Abkürzern" vergrault man seine Mitfahrer

Mit solchen „Abkürzern“ vergrault man seine Mitfahrer

Trotz der recht flott gefahrenen Talpassage bis Fiesch reicht dort ein Blick auf die Uhr und uns wird klar, dass wir das Tagespensum so nicht schaffen werden. Wir entschließen uns 1000hm mit der Seilbahn zu erklimmen, um nicht den Aletschgletscher auslassen zu müssen. In den Monaten der Planung haben wir uns unzählige Male vorgestellt, wie überwältigend es sein müsste entlang dieses weißen Stromes zu trailen. Und ja, es ist gigantisch. Am Ursprung des Gletschers entdeckt man mit Eiger, Mönch und Jungfrau drei Ikonen der alpinen Bergwelt. Der Aletsch stürzt sich von dort in die Tiefe durch ein Spalier aus 4000ern bis er in gewaltiger Breite an uns vorbei fließt. Wir begleiten ihn auf einigen Kilometern. Es ist ein schwieriger Weg, nicht das natürliche Habitat unserer Carbonhardtails. Steile, verblockte Bergaufpassagen wechseln sich ab mit fordernden, ausgesetzten Abfahrten. So schön und reizvoll diese Stunden sind, so sehr belasten sie wieder unser Zeitkonto.

Im Hintergrund: Eiger, Mönch und Jungfrau

Im Hintergrund: Eiger, Mönch und Jungfrau

Im Vordergrund: Konzentriertes Fahren auf den alpinen Trails

Im Vordergrund: Konzentriertes Fahren auf den alpinen Trails

Was folgt sind weitere 45km im Tal. Der Gegenwind bläst uns hart ins Gesicht und raubt uns zusehends unsere Kräfte, jedoch vielleicht mehr noch die Motivation. Wir kämpfen gegen die Uhr und somit auch gegen die Dunkelheit, denn uns stehen noch 1100hm Schlußanstieg bevor. Der Weg zum Etappenziel Grimentz ist hart. Die Rolle des Motivators wechselt minütlich zwischen uns beiden, so treiben wir uns an. Muße für das Wunderbare dieses Tages bleibt viel zu wenig. Selbst am Abend verlangen die Nach- und Vorbereitungen für den nächsten Tag die verbleibenden Kräfte. Heute war der härteste Tag – hoffentlich.

Pässe

  • Trübtenseelücke
    Auffahrt: problemlose Tragepassage
    Abfahrt: verblockter Trampelpfad, im Rahmen dieser Transalp Fehl am Platz, aber mit mehr Federweg durchaus einen Seitensprung wert
  • Fiescheralp / Vordersee am Aletschgletscher
    Auffahrt: 0° Steigung in der Gondel (normalerweise: Aspahlt), dann breite
    Forststraße bis zum Vordersee
    Abfahrt: entlang des Aletschgletschers bis zur Riederalpe teils sehr anspruchsvoller Trail mit kraft- und zeitraubenden Gegenanstiegen und Tragepassagen, Abfahrt bis Bitsch auf steiler und kurviger Teerstraße
  • Grimentz
    Auffahrt: anfangs sehr steile, dann etwas flacher werdende Bergstraße