4. Etappe: Burgeis – Bormio

Bike-Only-Tag am Stilfser Joch

Mit knurrendem Magen erwacht Flori1 – Unverständnis seitens seiner Kameraden schwappt ihm entgegen. Trotzdem treten wir zu dritt zum Frühstück an. Flori1 nutzt die breit gefächerten Möglichkeiten, die ihm das heutige Frühstücksbuffet bietet ausgiebigst – noch mehr Unverständnis. Gerüchte über ein schwarzes Loch in seinem Magen werden immer wahrscheinlicher.

Radweg von Laatsch nach Müstair

Radweg von Laatsch nach Müstair

Flori2 amüsiert sich über verärgert umdrehende Motorradfahrer an der Absperrung am Anfang der schweizer Auffahrt zum Stilfser Joch in Sta. Maria

Flori2 amüsiert sich über verärgert umdrehende Motorradfahrer an der Absperrung am Anfang der schweizer Auffahrt zum Stilfser Joch in Sta. Maria

Draußen erwartet uns ein bayerischer Himmel – blau mit ein paar weißen Wölkchen. Als wir endlich wieder Sättel unter unseren mitgenommenen Gesäßen haben dürfen wir gleich ein paar Höhenmeter bis Laatsch auf einem traumhaften Alphaltradweg verheizen. Dann biegen wir nach Südwesten in das Val Müstair ein, das uns auf der ersten Hälfte stetig auf einem Schotterweg bergan führt. Dieser führt dann aber kurz vor der Grenzstation zur Schweiz doch wieder zurück auf die Strasse. Gleich dahinter in Müstair entdeckt Flori2 beim Brotzeitkauf in Müstair ein Biera Engiadinaisa – der Tag ist für ihn gerettet. Ein paar Straßenkilometer weiter erreichen wir St. Maria – die Rennradlfahrerdichte nimmt exponentiell zu. Nach der Abzweigung zum Umbrailpass überholen uns einige Gruppen Motorradfahrer, die uns wenige Minuten später mit enttäuschten Blicken wieder entgegen kommen. Wird heute nix! Gleich darauf entdecken wir des Pudels Kern: Ein Sperrschild, bewacht von 2 mopedfahrenden 14-jährigen (siehe Foto). Die Auffahrt zum Umbrailpass zieht sich über 1100 Hm mit konstanter Steigung in nicht enden wollenden Serpentinen den Berg hinauf. Zwischenzeitlich verengt sich die Straße und ist nicht mehr geteert. Anfangs spärlich, weiter oben dann wie an einer Schnur aufgereiht brausen Mountainbiker und Rennradler neben uns die Abfahrt hinab. In unserer Richtung überquert das Stilfserjoch an diesem Tag fast niemand. Warum bleibt bis anhin ungeklärt. Eine der wenigen Ausnahmen ist ein Pause machender Bionicon Fahrer, der sich beim Überholen lauthals über die trailumfahrenden talwärts an ihm vorbeiziehenden Mountainbiker beschwert.

Links, rechts, links, rechts... so gehts hinauf zum Passo Umbrail

Links, rechts, links, rechts… so gehts hinauf zum Passo Umbrail

Würden sie sich bewegen, würde man die unzähligen abfahrenden Rennradler und MTBer besser erkennen

Würden sie sich bewegen, würde man die unzähligen abfahrenden Rennradler und MTBer besser erkennen

Unzählige Serpentinen später legen wir unsere Mittagspause oben am Umbrail ein und entflüchten dem Trubel, indem wir uns in einem windgeschützten Teil einer Kuhweide niederlassen. Eine einzige Kuh beäugt neugierig unsere Brotzeit und versucht, einem Teil davon habhaft zu werden – oder einfach nur uns beim Essen zu stören. Mit einem geballten Arsenal an seltsam klingenden Urlauten versucht Flori2 dieser Lage Herr zu werden, und findet schließlich den richtigen Laut, der die Kuh aufschrecken lässt und sie vertreibt. Trotzdem kann von entspannter Lage keine Rede sein: Der Salsiz aus Müstair hat eine wirklich hartnäckige Haut; unsere Finger bleiben beim aufwendigen Enthäuten dieses zwar warm, dennoch betrachten wir die Wurst als kapitale und Nerven reizende Fehlentscheidung. Mittlerweile wird der Himmel auch zunehmend bewölkt und die blauen Flecken verschwinden. Aber es bleibt trocken, und die Wolken sehen auch gottseidank nicht nach Regen aus.

Freib... ähh natürlich Frei-Sportgetränk und -Bananen veranlassen diesen Radlerauflauf neben dem Umbrailpass

Freib… ähh natürlich Frei-Sportgetränk und -Bananen veranlassen diesen Radlerauflauf neben dem Umbrailpass

Animalische Belästigung bei unserem Mittagsmal: Muh!

Animalische Belästigung bei unserem Mittagsmal: Muh!

Blick vom Stilfser Joch in Richtung westliche Auffahrt und Passo Umbrail

Blick vom Stilfser Joch in Richtung westliche Auffahrt und Passo Umbrail

Mit vollen Mägen entscheiden wir uns nach Beendigung des Mahls zu 250 Bonushöhenmetern und erklimmen im Anschluß noch das Stilfserjoch. Doch davor stürzen wir uns noch mitten in den Trubel am Umbrailpass und ergattern zahlreiche kostenlose Bananen und Sportgetränke an der Auffüllstation, die hier an diesem Tag aufgebaut ist. Flori1 vernichtet schon vor dem weiterfahren eine halbe Flasche des „Sportdrinks“, weil er ihn so lecker findet. Das Stilfser Joch ist bald erklommen, und nach wenigen Fotos machen wir uns direkt wieder auf den Weg zurück zum Umbrailpass. Jetz fahren wir sogar in die richtige Richtung, das heißt wir fügen uns dem Radlermainstream, können aber dennoch einigen Sonntagsradlern zeigen, wie man aus dem Windschatten heraus überholt.

Diese Kuh ignoriert uns gekonnt und bewegt sich keinen Millimeter

Diese Kuh ignoriert uns gekonnt und bewegt sich keinen Millimeter

links: Trail zur Bocchetta di Forcola; im Hintergrund rechts mitte: Passo Umbrail, und rechts oben Silfser Joch

links: Trail zur Bocchetta di Forcola; im Hintergrund rechts mitte: Passo Umbrail, und rechts oben Silfser Joch

Trail zur Bocchetta di Forcola 2

Trail zur Bocchetta di Forcola 2

Kriegsüberbleibsel an der Bocchetta di Forcola

Kriegsüberbleibsel an der Bocchetta di Forcola

Nachdem wir zum 2ten Mal halt an der Auffüllstation gemacht haben, kehren wir zurück auf unsere eigentliche Route und nehmen den Aufwärtstrail zur Bocchetta di Forcola in Angriff. Dieser ist zwar in großen Teilen gut fahrbar, enthält aber einige Steilstücke, die den Puls in die Höhe treiben; die letzten 50 Hm müssen geschoben werden. Oben treffen wir wieder M. Bionicon und seine Freundin S. Votec. Die Schützengräben auf der Passhöhe bieten nur eingeschränkt Schutz vor dem Wind und können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es verdammt zapfig ist. So freuen wir uns gleich doppelt auf die Abfahrt. Dennoch muss die geniale Aussicht noch festgehalten werden, die eine fast surreale Stimmung erzeugt (siehe nachfolgendes Foto).

Panorama von der Bocchetta di Forcola aus

Panorama von der Bocchetta di Forcola aus

Rückblick auf der Abfahrt nach oben zur Bocchetta di Forcola

Rückblick auf der Abfahrt nach oben zur Bocchetta di Forcola

Uuuuuuund Hopp!

Uuuuuuund Hopp!

Das obere Teilstück der Abfahrt ist ein holpriger Wanderweg mit minimalen technischen Einlagen. Der Fahrspaß ist dadurch recht Federrungsbedingt, aber der Weg wird sowieso bald zum ausgebauten Forstweg. Abwechslung bieten hierauf im Mittelteil einige Sprünge über betonierte Rinnen, auch wenn der Auslauf danach aus teils sehr grobem und tiefem Schotter besteht, wie eigentlich der gesamte Forstwegabschnitt. Die steile Abfahrt verlangt außerdem unseren Bremsen echt alles ab. Flori1 legt da gerne eine kurze Pause ein, um seiner Felge Zeit zum abkühlen zu verschaffen. Im unteren Teil führt uns der Weg in einen Wald und wartet mit zwei größeren unmotivierenden Gegenanstiegen auf uns, ehe wir kurz vor Bormio wieder auf der Stilfserjochstraße landen.

Nicht nochmal ein Platter: Felgenkühlung im Bach

Nicht nochmal ein Platter: Felgenkühlung im Bach

Unterer Teil der Abfahrt von der Bocchetta, ganz hinten unten ist die Stilfer Joch-Straße zu erkennen

Unterer Teil der Abfahrt von der Bocchetta, ganz hinten unten ist die Stilfer Joch-Straße zu erkennen

In Bormio angekommen füllen Aaron und Flori1 die Brotzeitreserven, und kaufen außerdem schonmal Reservebatterien für unsere Kamera, die uns später auf dieser Tour noch ziemlichen Ärgern bereiten sollten. Parallel dazu erledigt Flori2 die Herbergssuche, welche recht schnell Erfolg hat, und zusammen finden wir uns in einer Dachkammer mit 3 Betten wieder. Die Nachbardachkammer hat lustigerweise das Duo Bionicon-Votec ergattert. Nach der obligatorischen Dusche suchen wir uns eine günstige Pizzeria, da man in Italien scheinbar keinen ordentlichen Teller Spaghetti bestellen kann – nur überteuerte Vorspeisenrationen. Den Magen voller Pizzen fallen wir dann auch schleunigst in unsere Bettchen.

Höhenprofil

Höhenprofil 4. Etappe, Transalp 2007

Karte

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