Kalt, aber spektakulär: Der Montozzotrail
Früh am morgen zeigt sich das Hotel von seiner schlechten Seite. Das Schwimmbad ist wegen Reparaturarbeiten geschlossen, und so warten wir vor dem Frühstückssaal, bis dieser kommentarlos geöffnet wird. Verzweifelt warten wir darauf, das der äußerst träge italienische Kellner das ansonsten sehr umfangreiche Buffet im Halbschlaf um Wurscht und Käse erweitert. Daraus wird leider nichts. Als Trost gibts hier die einzigsten Croissants unserer Tour.
Bevor wir Ponte di Legno verlassen, stocken wir wieder unsere Brotzeitvörräte im Supermarkt auf. Auf der Karte entdeckt Aaron einen alternativen Radlweg nach Case di Viso, wo die Forstwegauffahrt zur Rifugio Bozzi beginnt. So ersparen wir uns am gegenüberliegenden Talhang die erneute Fahrt nach Pezzo. Auch wenn am Hotel der größtenteils blaue Himmel einiges erhoffen lies, fahren wir in dem kleinen ansteigenden Tal Richtung Case di Viso mitten unter eine dicke Wolkenschicht hinein. Der darauf folgende Weg zur Rifugio Bozzi is gnadenlos ehrlich. 700Hm zieht er sich in Serpentinen den steil über uns aufragenden Berghang hinauf. Die konstant knackige Steigung ist wahrscheinlich nicht jedermanns Sache, weil auch der Belag an manchen Stellen nicht der beste ist. Uns stört vor allem der an manchen Ecken recht zapfige Wind. Wir verzichten trotz Kälte auf eine Einkehr an der Rifugio Bozzi und rüsten uns schnell mit Jacken für die letzten 150Hm Schiebestück zur Forcellina di Montozzo. Nicht unbedingt der Weg, sondern die unglaubliche Steigung wird hier jeden Konditionsbolzen in die Knie zwingen.
Brrrrr…. an der Forcellina erreicht die Zapfikeit ihren Höhepunkt. Zusammen mit unserer Brotzeit und praktisch der gesamten Kleidung am Körper verschanzen wir uns in den aus dem Ersten Weltkrieg hier übrig gebliebenen Schützengräben. Drei andere Mountainbiker erreichen kurz später den Sattel, fahren aber zügig weiter, nachdem wir uns gegenseitig fotografiert haben. Auch wenn die Stimmung und Aussicht hier oben klasse sind, zwingt uns die Kälte bald aufzubrechen.
Der Anblick des oberen Trailteils verspricht einiges: Flach zieht er sich das Hochtal Richtung Lago di Pian Palu entlang. Auf dem flowigen ersten Abschnitt wird man trotzdem recht durchgeschüttelt, wenn man nicht über ausreichend Federweg verfügt. Als dann der Lagu di Pian Palu unter uns in Sicht kommt, wird der Trail deutlich steiler und anspruchsvoller. Unsere Konzentration und Bikebeherrschung wird von einigen S2, vielleicht sogar S3 Passagen gefordert. Je weiter sich der Trail am Hang entlang zum türkisgrünen Stausee hinunterschlängelt, desto breiter wird das Grinsen auf unseren Gesichtern. An der einzigen Abzweigung wählen wir den linken Weg und rechnen – bedingt durch bisherige Recherchen – mit ansteigendem Schwierigkeitsgrad. Im folgenden waldigeren Stück lässt sich jedoch immer eine durchgehend feine Linie finden und einige Kuppen verlocken zu kleinen Sprungeinlagen… den Montozzotrail kann man einfach nur empfehlen.
Nach einer langen Abfahrt und einer wahren Fotoorgie fällt uns erst beim Erreichen des Lago eine fiese Gewitterwolke in unserem Nacken auf. Wir flüchten auf dem Wanderweg um den See herum zum Staudamm, wo uns ein abgesperrter Forstweg nochmals 50hm Trail zum Fuße der Talsperre beschert. Die darauf folgende rasante Abfahrt auf der Teerstraße bringt wieder ein wenig Distanz zur bösen Wolke, ist aber eher unspektakulär, wie auch die abschließenden 20 Kilometer durchs Val di Sole. In unserem geplanten Etappenziel Dimaro erhandeln wir uns ein günstiges Zimmer, welches sich, wie schon in Burgeis, als komplettes Appartement mit Küche entpuppt. Flori1 ist am Boden zerstört, als er erfährt, dass auch hier die zugehörigen Nudeln hinter verschloßenen Supermarkttüren bleiben müssen. Diesmal zeigt das Schicksal jedoch keine Gnade und bescheert uns beim Abendessen obendrein noch eine Vorspeisenportion Spaghetti zum Vollpreis. Mäßig satt ziehen wir uns zusammen mit unseren Rädern in die Wohnung zurück. Als wir beim Bremsbelagwechsel an Aarons Bike in der Küche das Hinterrad ausbauen fällt uns das komplette Schaltwerk gleich mit entgegen. Im direkten Vergleich mit dem von Flori1’s Radl fehlt eindeutig die Befestigungsschraube zwischen Schaltwerk und Schaltauge. Aaron beschließt, alles wieder mit dem Schnellspanner einzuklemmen und die Tour so fortzusetzen.
Nach getaner Arbeit wollen wir noch schnell im italienischen Fernsehn den Wetterbericht einholen. Wir nehmen 30 Minuten italienische Nachrichten auf uns, nur um dann festzustellen, dass die Italiener auf den Wetterbericht verzichten – danke Berlusconi.