3. Etappe: St. Jakob – Heidelberger Hütte

Dieser Tag sollte die Königsetappe werden und er sollte sich den Namen verdienen. Rudi verlässt uns schon heute morgen, einen Tag früher als geplant – er glaubt nicht an besseres Wetter. Auch wir schliefen am Abend zuvor mit sorgenvollen Mienen ein. Die kalten Regenfahrten der Vortage haben uns doch etwas Kraft gekostet. Leider lassen wir uns in der Früh recht viel Zeit, weil wir später auf trockeneres Wetter hoffen. Außerdem haben wir genug zu tun, um unsere Bikes vom Schlamm der letzten Abfahrt zu befreien und unser Gepäck halbwegs getrocknet zu verpacken. Fürs Erste scheint der Plan jedoch aufzugehen.

Bikeshuttle: Unsere Bikes in der Materialseilbahn der Edmund-Graf Hütte

Bikeshuttle: Unsere Bikes in der Materialseilbahn der Edmund-Graf Hütte

Aufstieg in die Wolkendecke

Aufstieg in die Wolkendecke

Wir rollen einen knappen Kilometer im Tal bevor der erste Anstieg beginnt. Gemütlich geht es ins Malfontal, ein richtig schöner Anfang für diesen Tag. Es ist mittlerweile kurz nach 10 und wenn wir ehrlich sind, schon viel zu spät für das, was wir heute vorhaben. Also drücken wir aufs Tempo und erreichen recht bald das Bikeshuttle (Materialseilbahn) der Edmund-Graf-Hütte. Ja, wir haben selber sehr lange gehadert und diskutiert, ob man bei einer echten Transalp auf so ein Hilfsmittel zurückgreifen darf. Letztendlich haben wir uns dafür entschieden, weil die Etappe sonst kaum so machbar gewesen wäre. Somit ersparen wir uns auf 550hm das Tragen der Bikes.

Fußweg zur Edmund-Graf Hütte

Fußweg zur Edmund-Graf Hütte

Von diesem Gewicht befreit, laufen wir nach oben, um schon nach den ersten Metern wieder im Nebel und Niesel zu verschwinden. Als es dann auch noch zu schneien beginnt, kommen erste Zweifel auf, ob wir die Überschreitung der Schmalzgrubenscharte heute wagen sollten. Wir gönnen uns in der warmen Gaststube einen Tee und beratschlagen, wie es weiter geht. Auf der anderen Seite ist es sonnig, heißt es, und der Schnee bleibt noch nicht liegen. Es zahlt sich aus, dass FloFX die Strecke diesen Sommer schonmal ausgekundschaftet hat und so entschließen wir uns nach oben aufzubrechen. Die Flocken sind dick, die Rahmen der Bikes eisig, aber das Risiko kalkuliert und überschaubar. In diesen Momenten zeigt sich der Charakter der Tour. Wir gehen an die Grenzen und suchen neue Wege, immer mit dem Spaß im Vorder- und der Vernunft im Hintergrund. Kurz vor der Scharte auf knapp 2700m blinzelt das erste Mal die Sonne durch die Wolken, der Schneefall lässt nach und grau wird zu blau. Wir haben es geschafft, stehen oben mit Blick Richtung Süden.

Edmund-Graf Hütte

Edmund-Graf Hütte

Hochalpines Tragestück zur Schmalzgrubenscharte

Hochalpines Tragestück zur Schmalzgrubenscharte

Kurzes aufsatteln auf Höhe des Schmalzgrubensees

Kurzes aufsatteln auf Höhe des Schmalzgrubensees

Die Wolkendecke und unsere Stimmung beginnen zu steigen

Die Wolkendecke und unsere Stimmung beginnen zu steigen

An der Schmalzgrubenscharte

An der Schmalzgrubenscharte

Ein dünner Faden zieht sich den Hang entlang und verheißt uns eine der schönsten und schwersten Abfahrten der ganzen Tour. Die ersten Serpentinen sind zu exponiert, um sie bei einer Transalp zu fahren, aber danach beginnt reinstes Trailvergnügen. Zugegeben, der Spaß ist etwas federwegsabhängig, doch diese herrlichen kleinen Trails hinunter nach Kappl zaubern ein Schmunzeln in unsere Gesichter. Fast noch schöner ist aber das Gefühl einen machbaren Übergang im Verwall gefunden zu haben, fernab der Maßenveranstalltung Heilbronner Hütte.

Im oberen Teil der Abfahrt

Im oberen Teil der Abfahrt

Blick zurück auf die Schmalzgrubenscharte

Blick zurück auf die Schmalzgrubenscharte

FloFX an einer der schweren Stellen

FloFX an einer der schweren Stellen

Im Tal angekommen sinkt FloFX’s absenkbare Sattelstütze in ein Stimmungstief, aus dem sie sich auch so schnell nicht wieder herausholen lässt. Für den F-Lowrider ist es deshalb besonders bitter, weil heute Sonntag ist und er den recht knackige Anstieg von Ischgl zur Idalpe als Zusatzprogramm absolvieren wollte.

In Ischgl ist der Tag schon recht fortgeschritten und die Schneewolken sind uns auch wieder auf den Fersen. Jetzt rächt es sich, dass wir so spät aufgebrochen sind. Wir treffen unterschiedliche Entscheidungen: Stefan und Flori wählen den direkten Weg zur Heidelberger Hütte und zu einem warmen Abendessen, FloFX nimmt noch den Abstecher über die Idalpe in Angriff. Die weiter geplante Überquerung der Fuorcula da Val Gronda ist jedoch an diesem Tag nicht mehr möglich. Der beginnende Schneefall in Kombination mit zu wenig Zeit und die oberschenkel-mordende Sitzposition sind zu schlagkräftige Argumente, und so bricht er das Zusatzprogramm auf der Idalpe ab. Das mentale und körperliche Limit ist erreicht:

Fährt er so spät noch geschwind?
Draußen ist es dunkel, als er ankimmt.
Es schmerzen die Waden, sein Blick ist arm.
Er geht nach drinnen, die Nudeln sind lauwarm.

Ehrlich königlich war diese Etappe – eine geniale, intensive Mischung. Ja, diese Transalp hat es in sich. Sie schenkt uns nichts, weder bergauf noch bergab – nur das glückliche Grinsen am Ende des Tages gibt es gratis!

Pässe

  • Schmalzgrubenscharte
    Auffahrt / Aufstieg: Anfangs auf Forstweg, dann ca. 500hm Schieben/Tragen zur Edmund-Graf-Hütte, dann 500hm hochalpines Schieben/Tragen zur Schmalzgrubenscharte (festes Schuhwerk, Trittsicherheit und gutes Wetter empfehlenswert)
    Abfahrt: S2 mit S3 Stellen, die ersten 100hm S4; Anfangs teilweise ausgesetzt, einige verblockte Abschnitte, aber insgesamt hoher Flowanteil bei stets hoher Schwierigkeit.
  • Heidelberger Hütte / Fimbapass (siehe nächster Tag)

Höhenprofil

Höhenprofil 3. Etappe, Transalp 2012

Höhenprofil 3. Etappe, Transalp 2012

Karte

Download KMZ