10. Etappe: Rifugio Don Barbera – San Remo

Das Frühstück ist ein eher überschaubarer Gaumenschmaus … das Beste ist noch der faade Tee aus der Suppenschüssel. Es stört in Wirklichkeit niemanden, denn es ist der letzte Tag – in gut 100km werden wir uns beiden einen lange gehegten Traum erfüllen. Wir starten auf die letzte Etappe – ahhhhh so schaut die Grenzkammstraße also bei Tag aus: Holprig, ruppig, staubig. Schon auf den ersten 100hm müssen wir zweimal anhalten und das Lager nachziehen. Die Handgriffe sind mittlerweile leider sehr routiniert, kosten aber trotzdem jedes Mal Zeit und ein klein wenig Nerven. Umso schöner ist der strahlend blaue Morgen hier am Grenzkamm und der Ausblick auf das Wolkenmeer unter uns.

Es ist angerichtet: Sonnenschein…

Es ist angerichtet: Sonnenschein…

…und grandiose Aussicht

…und grandiose Aussicht

Der ligurische Grenzkamm bildet eine traumhafte Szenerie für unsere Abschlußetappe

Der ligurische Grenzkamm bildet eine traumhafte Szenerie für unsere Abschlußetappe

Walter Röhrl hat die Kurve bestimmt schöner genommen

Walter Röhrl hat die Kurve bestimmt schöner genommen

Wir schlängeln uns weiter entlang zwischen Italien und Frankreich in Richtung Mittelmeer. Am Col Bertrand wartet dann eine der größeren Herausforderungen des Tages auf uns: 1600hm Abfahrt und wir sind uns nicht sicher, ob das Vorderradlager das überstehen wird. Entsprechend langsam sind wir unterwegs und mit jedem Meter wächst die Zuversicht es wirklich bis San Remo zu schaffen. Für die Mittagspause haben wir uns Castel Vittorio auserkohren – ein wirklich malerisches Bergdörfchen mit verwinkelten Gassen, Torbögen und engen, kleinen Häusern. Wir finden eine kleine Osteria, die uns eine erstklassige, hausgemachte Pasta serviert. An den Wänden hängen zahlreiche Auszeichnungen und daneben Fotos berühmter Persönlichkeiten zusammen mit der Mama des Hauses. Wir lassens uns schmecken.

Die letzten Kilometer Luftlinie zum Monte Bignone werden auf den kleinen Bergstraßen zu einem kurvigen und langwierigen „Vergnügen“, jedes Seitental wird bis ins letzte ausgefahren, im Optimalfall mit paar kleinen Gegenanstiegen. Ich bin letztendlich doch froh darum, denn die Höhenmeterbilanz braucht dringend etwas Futter. Die letzten Meter im Aufstieg verbringen wir dann auf dem legendären Boden der Rally Monte Carlo, zahlreiche Graffitis zeugen davon.

Die Straße ist flach, wir können jeden Höhenmeter einzeln abzählen. Das Meer blinzelt jetzt immer öfter durch den Wald und es kann nicht mehr weit sein. Wir überqueren den höchsten Punkt: 30.010hm – eine kitschige Punktlandung. War es wirklich so wichtig diese Marke zu überschreiten? In dem Moment ist uns das egal, genauso wie das Vorderrad. San Remo liegt unter uns. Die Abfahrt auf Asphalt ist einfach und problemlos. Schlußendlich rauscht das kleine blaue Ortsschild an uns vorbei – wir haben es geschafft. Eine lange, unglaublich anstrengende Geschichte, die an einem verregneten Tag im Mai in einem Hotel am Gardasee ihren Anfang genommen hat, nimmt hier ihr gutes Ende.

Aus etwas Distanz betrachtet gewinnt diese Transalp immer mehr an Gewicht. Wir beide sind wirklich stolz darauf bei unserer ersten Durchquerung der Westalpen eine so geniale Route geplant zu haben und uns dabei wirklich an unseren körperlichen Grenzen bewegt zu haben – 10 Tage lang. Vor allem die mentalen Herausforderungen haben uns beide weiter gebracht. Für einen Biker mit Leidenschaft ist diese Route in den Alpen eine echte Krönung! Die finale Auswertung ergab 30054hm auf 974km (mit den Zusatzhöhenmetern an den drei Tagen, ohne Anfahrt nach Engelberg und natürlich ohne Gondel)

Eine lange, facettenreiche Reise geht zu Ende

Eine lange, facettenreiche Reise geht zu Ende

Der nächste Morgen weckt aber schon wieder neue Sehnsüchte

Der nächste Morgen weckt aber schon wieder neue Sehnsüchte

Pässe

  • Ligurischer Grenzkamm II / Col Bertrand
    Auffahrt: etwas besserer Untergrund als Teil I, sonst gleich
    Abfahrt: auf den ersten 400hm mögliche Trailabfahrt, hat gut ausgesehen (S2), für uns grober Schotterweg, später Asphaltstraße Richtung Pigna
  • Von Castel Vitorio zum Monte Bignone
    Auffahrt: verlassene Asphaltstraße mit teils langen Gegenanstiegen
    Abfahrt: wahlweise Trail oder für uns Asphalt bis San Remo